“Der Plagiator” – und warum alles doch gar nicht so schlimm ist

schneeengel

“braucht ein minister einen doktortitel, um ein guter minister zu sein?” diese frage habe ich mir als erstes gestellt, als die plagiatsvorwürfe hoch kamen. nicht, ob guttenbergs dissertation nun wirklich ein plagiat ist oder nicht.

“erhebliche mängel” weist die arbeit auf – wie wir jetzt offiziell wissen und vorher schon durch das “guttenplag wiki” sichtbar war. so viele, dass die uni bayreuth dem herrn minister die doktorwürde aberkannt hat. was mich hier am meisten verwundert ist, dass das der uni erst jetzt auffällt, vier jahre nach der verleihung. “wenn das ein herr zu guttenberg schreibt, wird das schon stimmen” – oder wie war damals die meinung zur arbeit?
und überhaupt stell ich mir die frage, in wie weit die dissertation nicht mit “suma cum laude” ausgezeichnet worden wäre, wären alle zitate richtig vermerkt worden. oder wäre es dann überhaupt gar keine würdige dissertation mehr gewesen? da kenne ich mich einfach zu wenig aus, um das beurteilen zu können. und ich finde auch, das steht mir gar nicht zu.

natürlich wirft es ein komisches licht auf minister und uni, wenn jemand mit so einer doktorarbeit durchkommt, dessen stiftung (oder das krankenhaus an dem die familie zu guttenberg beteiligt ist oder war) genau diese uni bis 2006 mit einer ordentlichen geldsummen gefördert hat (2007 war die promotion). aber da möchte man natürlich niemanden etwas unterstellen.
aber warum ist der minister denn immernoch so beliebt? ein doktortitel ist für den großteil der bevölkerung einfach so weit weg, so unerreichbar, dass sich die meisten einfach überhaupt gar keine gedanken darüber machen, wie schlimm es denn nun eigentlich, wenn da nicht richtig zitiert wurde. und überhaupt, was heißt eigentlich “richtig zitieren”? die menschen mit akademischen hintergrund wissen das, weiß das der bildleser auch?

ich glaube, das ist einer der gründe, warum der herr zu guttenberg in der bevölkerung immernoch so viel rückhalt hat. die akademiker sind empört, rufen verrat, betrug und was weiß ich nicht alles. dem “normalen bürger an sich” ist es relativ wurst, ob und wie weit der herr da abgeschrieben hat. “hat doch jeder mal gemacht”, ist da scheinbar der grundtenor.

der mensch geht oft den weg des geringsten widerstands. warum sich selbst arbeit machen, wenn es andere schon gemacht haben. es dann als seins verkaufen ist nicht in ordnung – keine frage. hier könnte man jetzt fünf mark für das phrasenschwein investieren und sagen: menschen machen fehler – und auch minster sind menschen. natürlich haben sie eine vorbildfunktion – sollten sie zumindest haben. doch, dass sich der minister so menschlich zeigt, macht ihn sympathisch, scheint hier die meinung der bürger zu sein, zumindest meinem eindruck nach.

meine persönliche meinung ist, dass der herr zu guttenberg als verteidigungsminister einen guten job macht. er ist für seine soldaten da. ist präsent. hört ihnen zu. er ist ein minister zum anfassen – besser noch, wie es struck damals schon war. das ist das, was für mich zählt. nicht, ob er einen doktortitel hat oder nicht. dass er sich diesen titel “erschlichen” hat, ist nicht schön und auch nicht löblich, aber für seine arbeit als verteidigungsminister irrelevant. ich finde nicht, dass er aufgrund dieser affäre zurücktreten sollte.
ob er mit so einer vorgeschichte noch kanzler werden kann? meiner meinung nach ja. aber damit sollte man sich beschäftigen, wenn es so weit ist. wer weiß, was die nächsten wochen noch passiert. und wer weiß überhaupt, wie viel von der arbeit wirklich von ihm selbst geschrieben wurde und nicht von ghostwritern oder “wissenschaftlichen mitarbeitern” im bundestag?

1 Comment

  • Du bist aber milde! Ich finde, es geht nicht darum, ob ein Minister einen Doktortitel braucht. Die Frage ist, ob jemand, der offensichtlich betrogen hat, in dieser Position haltbar ist, ob man ihm z.B. noch bei irgendeiner Aussage vertrauen kann. Und es geht auch darum, ob sich jemand selbst die Normen aussuchen kann, nach denen er beurteilt werden will – bzw. ob er sie nach Belieben wechseln kann, wie Guttenberg es mit dem Verzicht auf den Titel getan hat.

    Eine Regierung, die jemand im Amt hält, der offensichtlich betrogen hat, gibt damit ein klares Statement über ihren eigen moralischen Anspruch ab. In dem Zusammenhang: Plagiatsaffäre: "Wir sind einem Betrüger aufgesessen" | Rundschau | Bayerisches Fernsehen | BR. Darin stellt der Bayreuther Staatsrechtler Oliver Lepsius fest: “Für mich steht außer Frage, dass Herr zu Guttenberg ein Betrüger ist.”

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