Das Armutszeugnis der österreichischen Web-Politiker

schneeengel

barack obama hat’s im amerikanischen wahlkampf vorgemacht: auch übers web (2.0) lässt sich prima auf wählerfang gehen. “toll,”, dachte sich da jetzt der ein oder andere österreichische politiker, der davon über die medien wind bekommen hatte, “wenn das so gut läuft, nutzen wir das doch auch mal für unseren wahlkampf!”. während ein oder zwei (schon länger) das web durchaus erfolgreich für sich nutzen, fallen die anderen leider nur durch unkenntnis, fast schon ignoranz auf.

christoph chorherr zum beispiel initiierte eine (web-)öffentliche kampagne, um nach neuen wahlplakat-ideen für die grünen zu suchen. die blogosphäre nahm den vorschlag dankend an, wurde kreativ, postete vorschläge und diskutierte über diese. michi mojzis bloggt über ihre arbeit als övp-bundesgeschäftsführerin und macht sich gedanken über die “meinungsbildungsfähigkeit” von bloggern.
andere politiker oder deren parteien scheinen sich da deutlich schwerer zu tun – oder die falschen berater bzw. keine web-affinen leute in ihren kreisen zu haben. was mich eigentlich wundert, es wird doch wohl genug “fans” mit ahnung geben, die den parteien unterstützend unter die arme greifen könnten?

da gibt’s z.b. den övp-spitzenkandidaten wilhelm “willi” molterer. er fing an zu twittern – besser gesagt: ließ für sich twittern. doch das ergebnis ist mehr als schrecklich. er überflutet mit seinem account die followerschaft mit unaussagekräftigen twitpics, die seines gleichen suchen, dann erfährt der interessierte follower noch, wo sich der willi grad aufhält und, dass man ihn jetzt auch klicken kann (in welchem vz auch immer). von kommunikation – ein, wenn nicht sogar der hauptgrund für twitter, hält er bzw. sein twitterer scheinbar nichts. sonst hätte man schon längst auf die zahlreichen antworten zu seinen twitter-versuchen reagiert. auch sein parteikollege, der grazer bürgermeister siegfried nagl, macht es nicht wirklich besser.
die andere große österreichische “volks”-partei, hat sich mit dem thema twitter wohl vorher auch nicht beschäftigt. die “neuepolitik” hält es noch nicht mal für nötig, anderen leuten zu followen – verweigert die kommunikation also schon von vornherein. auch von den inhalten, die über diesen account verbreitet werden, halte ich persönlich nicht so viel, verraten sie doch schon, dass dieser account nach der wahl wohl wieder eingestampft werden wird. besser macht’s hier der “rote kämpfer“, der allerdings ausdrücklich “privat, nicht für die partei über den wahlkampf” twittert. und der deutsche genosse hubertus heil hat auch einige interessante (nicht partei-politische) tweets zu bieten (vielleicht liegt’s auch daran, dass er gerade bei obama ist) und kommuniziert auch mit seinen followern.
das “0-follow-prinzip” verfolgen auch die österreichischen grünen. fpö und bzö lassen gleich ganz die finger vom twittern – vielleicht auch besser so.

wer sich web-technisch über den neuesten stand im österreichischen wahlkampf auf dem laufenden halten will, dem empfehle ich neuwal (auch via twitter). gute analysen der tv-duelle, partei-kampagnen und alles, was man noch so wissen muss, rund um die neuwahl.

update: wie man/politiker es besser machen kann? darüber hat sich twitterdings gedanken gemacht.

update2: die spö hat nun ihre “twitterpolitik” geändert, sie folgen jetzt nicht nur – sie antworten sogar auf tweets… #zeichen&wunder

update3 (08. september): wilhelm “willi” molterer scheint seine twitterpolitik nun auch langsam zu ändern – heute bekam der schneeengel eine direct message via twitter

5 Comments

  • Dass @wilhelmmolterer und @neuepolitik die Kommunikation verweigern, stimmt nicht ganz: sie verweigern den Dialog. Sie setzen halt, ganz alte Schule, auf die Einweg-Kommunikation und verwenden twitter als Propaganda-Schleuder (mit ziemlich ausgeleiertem Gummi). Wer wirklich einen Ãœberblick über das Wahlgeplänk…geschehen sucht, sollte sich bei “Wissen belastet” die Seite wahl08.wissenbelastet.com bookmarken – oder gleich als Startseite im Browser festlegen 🙂

  • oh ja – stimmt… hatte ganz vergessen, dass es die “gute, alte” einweg-kommunikation noch gibt… 😉

  • Scoop hinzugefügt

    Deine Artikel wurde bei Scoop.at hinzugefügt! Hier ist der Link um deinen Beitrag zu promoten: http://scoop.at/sterreich/Das-Armutszeugnis-der-sterreichischen-Web-Politiker

  • Es ist halt immer auch ein Stress für die Politik. Die Redakteure “dürfen” jetzt neben ca. 30 Aussendungen pro Tag halt auch noch Twittern oder Bloggen oder beides. Konsequenter wäre es hier meiner Meinung nach, ganz die Finger davon zu lassen. G’scheid oder gar nicht. Schwierige Sache in der Kampagnenplanung hier einen klaren Strich zu ziehen und zu sagen, ok, lassen wir die Finger von Husch-Pfusch-Aktionen und setzen auf Langfristigkeit im Herangehen an die Materie. Viele fahren oder fuhren in die USA sagen “pfoaaaa! wir wollen auch” kehren zurück und verfallen in hektischen Aktionismus. Hallo! Es sind noch wenige Wochen bis zur Wahl. Kommunikation online oder offline – völlig egal – hat langfristig zu erfolgen. Alles andere funzt halt nicht, wirkt nicht ehrlich und wird nach der Wahl wieder abgedreht. So 1fach ist das ganze

  • […] den wählern wird immer vorgeworfen, sie würden sich für europapolitik nicht interessieren. ich hab das gefühl, die politiker auch nicht wirklich – vor allem das web scheint für sie völlig irrelevant zu sein (und das nicht nur auf österreichische eu-politik beschränkt). der “obama-effekt” ist inzwischen völlig verpufft. und während der us-präsident das netz auch nach der wahl weiter aktiv nutzt (neuestes “ding” des weißen hauses: privat-anmutende fotos per flickr zu verbreiten), sind z.b. die twitter-accounts der österreichischen parteien teilweise sogar schon komplett gelöscht worden. das einzige positive beispiel ist und bleibt christoph chorherr – er nutzt das web aktiv und kontinuierlich (und auch schon länger). […]

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *